Am 25.06.2020 waren die Medien voll von Berichten über Julian Assange. Seltsam, dass fast alle Medien umgehend berichten, wenn es danach aussieht, dass die Schlagzeilen kritisch gegenüber dem mit zahlreichen Journalismus-Preisen ausgezeichneten und mehrfach für den Friedensnobelpreis nominierten Ausnahme-Journalisten ausfallen könnten (übrigens ist Assange auch dieses Jahr wieder nominiert) – auch wenn die Kritik an den Haaren herbeigezogen ist. Diesmal ist sich das US Justizministerium nicht zu schade, seine angeblich neuen “Anklagepunkte” auf einen verurteilten Betrüger zu stützen, Sigurdur Thordarson, der nebenbei auch als pädophiler Sexualstraftäter in Erscheining tritt.

Schweigen im Walde hingegen, wenn die zu berichtenden Fakten das Handeln der USA und seiner Handlanger Großbritannien, Schweden, Ecuador etc. in keinem guten Licht dastehen lassen. Zum Beispiel schweigen leider viele Medien dazu, dass Julian Assanges Leben massiv gefährdet ist und von den britischen Behörden noch zusätzlich in unverantwortlicher Weise aufs Spiel gesetzt wird, indem Richterin Baraitser Anträge auf Kaution einfach ablehnt, obwohl Assange durch ein geschwächtes Immunsystem und Lungen-Vorerkrankungen zur Corona-Risikogruppe gehört und das Virus in britischen Knästen grassiert, auch im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh, in dem Assange seit über einem Jahr in Isolationhaft sitzt (Isolationshaft, die länger als 15 Tage andauert, betrachten die Vereinten Nationen als psychlogische Folter). Belmarsh ist auch berüchtigt als britisches Guantanamo Bay.

Über die Widerlegung der Verleumdungen der schwedischen Behörden wurde bestenfalls nur zögerlich berichtet.

Wo sind die Berichte über die skandalöse Aushebelung des Rechtsstaats, indem Herrn Assange der Kontakt zu seinen Anwält*innen unmöglich gemacht wird? Oder darüber, dass die Gespräche mit seinem Anwaltsteam in der ecuadorianischen Botschaft abgehört und aufgezeichnet wurden, und somit der Grundsatz der Vertraulichkeit und das Anwaltsgeheimnis ad absurdum geführt werden? Oder darüber, dass Ecuador seine Festplatten, Dokumente und weiteren Besitz klammheimlich in die USA geschickt hat? Oder darüber, dass Großbritannien es tatsächlich in Erwägung zieht, einen Unschuldigen in die USA auszuliefern, einem „Rechtsstaat“, der foltert und die Todesstrafe praktiziert? Oder über die eklatante Voreingenommenheit der Richterinnen in Assanges Schauprozess, Emma Arbuthnot und Vanessa Baraitser?
Darüber, dass ein Mensch, der ohne Urteil, unschuldig, in Auslieferungshaft gefangen gehalten wird, im schlimmsten Folterknast Großbritanniens, in dem die Sterberate der Gefangenen überproportional hoch ist, sechs Monate lang um ein Radio betteln muss?

Dass er seit über einem Jahr mehr als 23 Stunden am Tag in Isolationhaft gefangenen gehalten wird, obwohl der UN Sonderberichterstatter über Folter, Prof. Nils Melzer seit über einem Jahr seine sofortige Freilassung fordert, und, ebenso wie über 200 Mediziner*innen weltweit, lautstark warnt, dass Herrn Assanges Leben in großer Gefahr ist?

Dass die Sicherheitsfirma, deren Auftrag eigentlich der Schutz des politischen Asylanten war, diesen rund um die Uhr abhörte und bespitzelte und selbst in der Damentoilette Kameras und Abhörwanzen versteckte?

Dass sein politisches Asyl einfach willkürlich, ohne Grund, entzogen und so das Asylrecht mal eben im Vorbeigehen extrem geschwächt wird und damit ein weiteres Stück des rechtsstaatlichen Fundaments wegbricht? Und dass Ecuador mit dieser Aktion beiläufig gegen die eigene Verfassung verstößt?

Die Liste lässt sich seitenweise fortsetzen.

Liebe Medien, es geht hier um EURE Pressefreiheit. Es wird Zeit, dass der Groschen fällt.

P.S.

WikiLeaks kommentiert die angeblich neuen “Anklageinhalte” gegen Assange so: Sie lassen den Großteil der bestehenden 17 anderen Anklagepunkte unberührt und beziehen sich nur auf 5 Jahre der insgesamt 175 Jahre bevorstehenden Haftstrafe: Es ist ein verzweifelter PR-Trick, der sich noch nicht einmal auf die Enthüllungen bezieht, die Chelsea Manning ermöglicht hat.

Bereits vor einem Jahr sagte WikiLeaks voraus, dass das US Justizministerium sich auf einen verurteilten Betrüger und Hochstapler stützen würde, Sigurdur Thordarson, um weitere Anschuldigungen zu erfinden: