Das, was vor Gericht in London diskutiert wurde, ist eine Enttäuschung. Anstatt einer packenden Rede zur Verteidigung der Pressefreiheit, statt eines Aufschreis angesichts der eklatanten Missachtungen jeglicher Rechte des Verlegers Julian Assange, wird in trockenen, juristischen Argumenten größtenteils darüber diskutiert, ob Julian Assange trotz seines immer stärker angeschlagenen Gesundheitszustandes in einem amerikanischen Hochsicherheitsgefängnis „gut aufgehoben“ wäre.

Wieder einmal ist nicht das Wesentliche im Fokus. Wieder einmal geht das Eigentliche unter, wird ertränkt in einem Meer von ablenkenden Argumenten, so wie damals, als Wikileaks Kriegsverbrechen enthüllte, die Medien aber ihren Fokus auf den Enthüller und dessen angebliche charakterliche Schwächen legten.

Dieser Prozess, der gravierende Auswirkungen auf die Pressefreiheit hat, verkommt vor dem Obersten Gericht in London zu einer Analyse der Haftbedingungen in US-amerikanischen Gefängnissen und der Glaubwürdigkeit der ärztlichen Gutachten über Assanges Gesundheit.

Schuld daran ist das im Januar 2021 vom Bezirksgericht gefällte Urteil, welches den USA in allen Anklagepunkten Recht gegeben und den Fall als nicht politisch motiviert beurteilt hat. Der einzige Punkt, weswegen eine Auslieferung abgelehnt wurde, war Assanges schlechter Gesundheitszustand. Gegen diesen Punkt legten die USA Berufung ein. Nun hat dieses Berufungsverfahren vom 27ten bis 28ten Oktober 2021 vor dem Obersten Gericht in London stattgefunden. Bis zur Urteilsverkündung können Wochen oder gar Monate vergehen.

Es besteht jedoch Hoffnung, dass die Verteidigung von Julian Assange wieder in eine echte inhaltliche Auseinandersetzung eintreten kann. Sie plant nämlich ebenfalls Berufung gegen das im Januar 2021 gefällte Urteil einzulegen. Dadurch können die gravierenden Auswirkungen des Falls Assange auf die Pressefreiheit wieder zur Debatte gebracht werden. Noch ist nicht bekannt, wann dieses Berufungsverfahren stattfinden wird.

Quellen


Titelbild: © M. Wasilewski, 2019